Donnerstag, 30. März 2017
It's all Business - Überleben auf kubanisch!
Mittwoch Mittag sprach mich vor der Kathedrale ein grossgewachsener, dunkelhäutiger Kubaner und fragte mich - wie die meisten - woher ich komme. Kaum hatte ich das Wort Alemania ausgesprochen, antwortete er in bestem deutsch: "wie schön, dort habe ich einige Jahre gelebt!" Eigentlich wollte mir Rolando eine Stadtführung andrehen (damit verdient er sein Geld), doch nachdem ich (resolut) dankend ablehnte, lud er mich kurzerhand auf eine Cerveza ein. "Heute finde ich eh keine Arbeit mehr!"
Aus einer Cerveza wurden dann mehrere, denn nicht nur dass Rolando perfekt deutsch spricht, er stellte sich als wertvoller Kuba-Informant heraus.
Seine Deutschkenntnisse hat er sich während seines vierjährigen Auslandsaufenthaltes in Zwickau angeeignet. Dort baute er als Maschinenbauingenieure den Trabant! 2012 war er nochmals 6 Monate in Karlsruhe und besuchte dort in dieser Zeigt täglich auch noch eine Sprachschule.
Letztlich habe ich in dem Gespräch sehr viel über Kuba erfahren. Z.B. dass seine Frau Marlene als Ärztin (Psychiaterin) nur 50 CUC monatlich verdient (6Tage-Woche), was natürlich nicht zum (Über)Leben ausreicht! Rolando verdient manchmal mehr als 50 CUC in einer Woche, manchmal aber auch tagelang nichts. Viel besitzen die beiden denn auch nicht, sie teilen sich zB ein Mobile, "verzichten" auf einen eigenes Fahrzeug und vieles mehr. Alles was übrig bleibt wird ins Haus gesteckt, das sukzessive weiter komplettiert wird (3ZKB)!
Am dringendsten benötigt Rolando einen Kühlschrank!!! Ein solcher kostet aber 800 CUC, also mehr als ein Jahresgehalt einer Ärztin! "Ohne Kühlschrank kann ich nicht auf Vorrat einkaufen", erklärt er mir, "das Problem ist aber, dass es nicht jeden Tag alles zu kaufen gibt!" Zum Glück hat die Familie einen Gemüsegarten, der vereinfacht das Leben dich ungemein!
Und Kugelschreiber braucht Marlene, die sind in Kuba nämlich Mangelware - ohne Kugelschreiber kann sie ihren Job aber nicht 100%ig erledigen (Kugelschreiber kommen demnächst mit der Post aus Alemania 😏). "Und eine gebrauchte Short wäre nicht schlecht", meint Ronaldo, denn er hat nur 3 Hosen, allesamt Jeans ... mit Shorts glaubt er nicht als Touristenführer bestehen zu können.
Auf meine Frage, wie es die Kubaner denn anstellen, trotz der geringen Einkünfte immer so modisch chic auszusehen, erhalte ich die verblüffende Antwort. Zuallererst wird in Klamotten investiert (das wichtigste für einen Kubaner und noch mehr für eine Kubanerin ist es, sich modisch (figurbetont) zu kleiden!), dann in Zigaretten, Cerveza ... und dann erst in Nahrungsmittel und Alltagsutensilien. Da das Budget aber für alles meist nicht ausreicht, wird eben versucht, alles was irgendwie entbehrlich ist zu versilbern. besonders erfolgreich sind dabei die Kubaner, die aus den USA Hilfspakete erhalten. Sobald neue Ware aus dem kapitalistischen Norden reinkommt, geht die alte Ware raus! "Ist alles Business!" Und sonst verdingt man sich eben als Taxifahrer (gefühlt ein Drittel der Einwohner von Santiago) oder bietet ein Zimmer zur Vermietung an (Casa particulares), eröffnet ein Imbiss oder versucht ein paar CUC sonstwie zu verdienen (von Touristen besch... bis zur Prostitution). Alles Business eben!
Das "Business machen" zieht sich quer durch alle Alters- und Bildungsschichten. Zwar erhalten alle Kubaner einige Grundnahrungsmittel gegen Lebensmittel-Scheine, doch die Monatsrationen (u.a. 2kg Reis) halten selbst einen ausgemergelten Rentner nicht lange am Leben!
Warum verlassen Rolando und Marlene Kuba nicht einfach? Zwei derart gut ausgebildete, mehrsprachige Menschen müssten doch auch woanders gut bezahlte Jobs finden! "Wir leben hier doch im Paradies" entgegnet Rolando. "Jeden Tag scheint die Sonne, jeden Tag 30C und blauer Himmel, überall Musik, Cerveza und nette Menschen, das gibt's doch woanders gar nicht!"
Und dann finden sich ja immer wieder Unterstützer. "Nächste Woche kommen vier Bekannte aus D, die bringen mir ein Mobil mit", freut sich Rolando.
Auch für mich hat er schon ein passendes Angebot parat: "Du passt gut nach Kuba, musst nur spanisch lernen ... ich organisiere dir einen Sprachkurs, intensiv, ganz alleine mit einer Universitätsprofessorin, auch um die Unterkunft und alles weitere organisiere ich. Musst dich um gar nix kümmern! Nach einer Woche kannst du spanisch, versprochen!" Nach mittlerweile einer Woche in Kuba kommt mir das zwar ein bisschen spanisch vor, aber klingt verlockend. Muss im Vorfeld nur noch die Wunschliste (Hilfslieferung) abgestimmt werden 😏!
Auf jeden Fall hab ich jetzt einen einheimischen Ansprechpartner für alle kubanischen Business-Angelegenheiten!
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